Sie sind hier: Angehörige in Selbsthilfegruppen
Weiter zu: Sucht + Familie
Allgemein: Beitrittserklärung Impressum Kontakt Spendenkonto

Angehörige in Sucht

Positionspapier der Selbsthilfegruppen

Grundsätzliche zur Situation von den Angehörigen suchtkranker Personen

Die Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren (DHS) geht davon aus, dass in Deutschland 1,7 Mio. Menschen im Alter zwischen 18 und 69 Jahren alkoholabhängig sind. Dazu kommen 2,7 Mio. Menschen mit missbräuchlichem Konsum und 4,9 Mio. mit riskantem Konsumverhalten. Weiter ist mit ca. 1,4 Mio. Medikamentenabhängigen und ca. 120.00 Abhängigen von illegalen Drogen zu rechnen. Wenn wir zu jedem Suchtkranken bzw. –gefährdeten im Durchschnitt mindestens 3 Angehörige zählen, so kommen wir auf eine Zahl von fast 11 Millionen Angehörigen in Deutschland, die von den Auswirkungen einer Suchterkrankung bzw. –gefährdung betroffen sind.
Das heißt: In jeder siebten bis achten Familie gibt es eine Suchtproblem. Es ist bekannt, dass ca. 30 bis 50% der Alkoholabhängigen selbst Kinder aus Familien mit einem suchtkranken Elternteil sind und ca. 60% der Partnerinnen von Alkoholikern einen suchtkranken Vater / Mutter haben.

Studien zeigen, dass die familiären Belastungen durch elterliche Suchterkrankungen enorm hoch sind. Bei einer bevölkerungsrepräsentativen Stichprobe von 3021 Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter zwischen 14 und 24 Jahren lag die Quote elterlicher Abhängigkeit bzw. elterlichen Alkoholmissbrauchs bei 15,1%. Die Selbsthilfegruppen für Suchtkranke weisen seit ihrem Bestehen darauf hin, dass die Suchtkrankheit eines Familienmitgliedes auch immer die übrigen Mitglieder des sozialen Umfeldes betrifft. Sie haben deshalb Angehörige von Anfang an in ihre Gruppenarbeit mit einbezogen.
Die Gesamtzahl der Teilnehmer in Sucht –Selbsthilfegruppe lässt sich untergliedern in 60% Suchtkranke und in 40% Angehörige von Suchtkranken.

Angehörige in der Sucht –Selbsthilfe (SSH) sind in der Regel Frauen (80%); nur 20% sind Männer. Der Großteil der verheirateten oder in fester Partnerschaft lebenden Frauen begleitet ihre abhängigen Partner während der Suchterkrankung und -behandlung (90%), während dies nur auf ca. 10% der mitbetroffenen Männer zutrifft.
In der Regel findet die erste Kontaktaufnahme in der SSHG über Angehörige statt, die nach Hilfen für das suchtkranke Familienmitglied anfragen. Ihre eigene Person und die eigenen Probleme mit der Suchtkrankheit haben sie zu diesem Zeitpunkt weniger im Blickfeld.

Die Angehörigen in den Sucht – Selbsthilfegruppen

Obwohl sich langsam ein Wandel vollzieht und Angebote für Angehörige vereinzelt entstehen, lässt sich auch heute noch sagen, dass Angehörige mit ihrem persönlichen Erleben wie z.B. c o – abhängiges Denken, Fühlen und Handeln in den SHG und auf Verbandsebene noch wenig Beachtung, Verständnis oder Einfühlung finden. Ebenso wird der speziellen Problematik von Angehörigen in der hauptamtlichen Suchtkrankenhilfe (SKH) noch nicht selbstverständliche und gleichwertige Beratung – und Behandlungsangebote für Angehörige nach sich gezogen.

Die Situation der Angehörigen in den gemischten Gesprächsgruppen der Suchtselbsthilfe (SSH) stellt sich wie folgend dar:

Daraus folgt:

Co-Abhängigkeit und ihre Bedeutung

Was für einen Suchtkranken das Suchtmittel bedeutet, das ist für die Angehörige der Suchtkranke Partner. Irgendwann dreht sich ihr ganzes Denken, Fühlen und Handeln um den Suchtkranken:

Wie kann ich ihm helfen? Was muss ich tun, damit er nicht mehr trinkt? Wie kann ich verhindern, dass die Umgebung etwas merkt? Was habe ich falsch gemacht, dass er anhängig wurde? usw.

Co-Abhängigkeit bezeichnet Haltung und Verhaltensweisen von Personen, Gruppen und Institutionen, die durch Tun und Unterlassen dazu beitragen, dass der Süchtige süchtig bleiben kann.

Co-Abhängigkeit ist Beziehungsstörung und – Abhängigkeit. Co – Abh. Unterstützen ihre Partner bis zur eigenen Selbstaufgabe. Sie sind nicht in der Lage, die Aussichtslosigkeit ihres Verhaltens zu bewerten und sich entsprechend zu verhalten. Co – Abhängigkeit ist Irrtum, Versäumnis und Verstrickung–dies kann soweit führen, dass C o.-A b h. Sich selbst nicht mehr fühlen und wahrnehmen – zumindest in der Beziehung zum Süchtigen, oft aber auch darüber hinaus. Co-Abhängigkeit ist in ähnlicher Weise behandlungsbedürftig wie die Abhängigkeit des Süchtigen. Sie hat in vielen Fällen Krankheitscharakter. In der Regel braucht der suchtkranke Partner einen gewissen Zeitraum, um die eigene Suchtkrankheit zu begreifen und dagegen anzugehen. Das gleiche gilt für die Angehörige im Bezug auf ihre Co – Abhängigkeit.

Was sind die spezifischen Erfahrungen von Angehörigen? Was macht ihre Erlebnissituation aus?

PIA MELLODY beschreibt folgende Kernsymptome von Co – Abhängigkeit:
Daraus wird deutlich, was Angehörige für sich benötigen.

Angehörige haben:

Angehörige brauchen:

Auch Genesung von Co-Abhängigen ist ein (oft schmerzlicher) Lern- und Entwicklungsprozess, der in kleinen Schritten vollzogen werden kann – ebenso wie die Genesung von der Suchterkrankung.

Ziele von Angehörigen – Arbeit in der Sucht – Selbsthilfe
Angehörige profitieren von Gruppen speziell für Angehörige, die von Angehörigen geleitet werden. Die Vorne zitierten fünf Freiheiten können das " Programm " im Sinne von Zielsetzung für Angehörigengruppen sein.
Spezifische Angebote für Angehörige müssen sich direkt an Angehörige im Sinne von „ Angehörige helfen Angehörigen „ wenden. Für die Öffentlichkeitsarbeit der Angehörigengruppen gelten vor allem vier Punkte.

Fortbildung für Angehörige als Moderatoren von Sucht – SHG

Aktive Angehörige brauchen spezielle Seminarangebote, um Angehörigen –Arbeit leisten und Angehörigengruppen klar moderieren zu können. Dies gilt besonders, weil Angehörigenarbeit sich selbst entwickelt und an manchen Stellen noch auf Skepsis und Ablehnung stößt.
Zudem gibt es Themen, die in Angehörigengruppen einen anderen Stellenwert haben (müssen) als dies erfahrungsgemäß in gemischten Gruppen möglich ist.
Dies sind besondere Themen wie:

Die Moderatorinnen von Ang.- Gruppen benötigen eine "besondere Fähigkeit", eine gute Klarheit darin, Angehörige auf ihr Co-abhängiges Verhalten offen aufmerksam zu machen.
Deshalb müssen sie lernen:

Die offene Art von Feedback und Auseinandersetzung mit eigenem Verhalten ist für alle Beteiligten zunächst schmerzhaft und manchmal beschämend. Deshalb muss das Feedback immer auf klare und gleichzeitig wohlwollende und wertschätzende Weise erfolgen. Damit wirken die Moderatorinnen auch als Vorbild in der Gruppe.
Fortbildung muss Angehörige befähigen:

Ein geschützter Rahmen / Raum für Angehörige ist hilfreich und notwendig:

"Hier sitzen Menschen, die das auch kennen. Ich bin so nicht allein, ich muss mich nicht schämen etc." Das zentrale Merkmal von Selbsthilfegruppen wird so auch für Angehörige realisiert: Die gleiche , gemeinsame Betroffenheit!

Unterstützung der Angehörigenarbeit durch den hauptamtlichen Bereich

Angehörigenarbeit in der SSH benötigt Ergänzung durch Angebote für Angehörige im hauptamtlichen Bereich. Das bezieht sich einmal auf die Suchtkrankenhilfe, aber auch auf Personen und Institutionen, z.B. Ärzte, Lehrer, Pfarrer, Gesundheitsämter und Krankenkassen, die mit den Auswirkungen von Suchtkrankheit konfrontiert sind.

Somit lauten die Forderungen des Arbeitskreises:

Ausbau der Angehörigen – Arbeit durch die
Sucht – Selbsthilfeorganisationen

Gerade auch von Selbsthilfe – Organisationen brauchen die Angehörigen – und vor allem in der Aufbauarbeit aktive Unterstützung und Förderung, auch finanzieller Art. Deshalb fordert der Arbeitskreis:

Bei der Erarbeitung und Umsetzung dieser Schritte und Forderungen sind (genesende) Angehörige aktiv einzubeziehen – es darf nicht für sie geplant und über sie geredet werden, sondern mit ihnen !!!

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Ingrid Arenz – Greiving für ihre kritische Durchsicht des Positionspapiers.

Quelle: Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe
Bundesverband e.V. Selbsthilfeorganisation
Kurt – Schumacherstrasse 2, 34117 Kassel.